04.2006 - Die ersten Europaschüler sind fertig

Die ersten Europaschüler haben es geschafft

Die ersten Europaschüler haben es geschafft

Die Pilotklassen der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) erhalten ihre Reifezeugnisse

Nunmehr 14 Jahre liegt es zurück, dass sich die ersten SchülerInnen mit ihren Eltern dazu entschlossen hatten, eine der Schulen zu besuchen, die sich seit dieser Zeit erfolgreich an dem Schulversuch der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) beteiligen. Die SESB bietet einen strikt zweisprachigen, kulturübergreifenden und sprachintensiven schulischen Werdegang, dessen Früchte mit den bilingualen Abschlüssen nach der 10. oder der 13. Jahrgangsstufe geerntet werden können. Nun werden die ersten drei Abitursklassen der Pilotjahrgänge für ihren Fleiß und dem Festhalten an dem europaorientierten Schulkonzept belohnt. Am 22. Juni 2006 bekommen ca. 45 AbiturientenInnen der deutsch-englischen, der deutsch-französischen und der deutsch-russischen Europa-Schule im Rahmen eines Festaktes im Roten Rathaus Berlin persönlich von Herrn Böger, Senator für Bildung, Jugend und Sport, ihre Abiturszeugnisse mit SESB-Profil überreicht.

Für das Abitur mit SESB-Profil gilt, dass die SESB-SchülerInnen zwei Prüfungsfächer in der nichtdeutschen Partnersprache und ein schriftliches Prüfungsfach in Deutsch wählen mussten. Das weitere Prüfungsfach musste entweder eine weitere Fremdsprache oder ein in deutscher Sprache unterrichtetes Fach sein. Zusätzlich wird der Besuch der SESB neben dem Abiturszeugnis mit einem Zertifikat dokumentiert, welches u. a. die Aufnahme eines Hochschulstudiums im jeweiligen Partnerland vereinfacht.

Bis in das Jahr 1978 lassen sich Aktivitäten von Bürgern der Stadt Berlin zurückverfolgen, die sich verstärkt für die Gründung einer Europäischen Schule einsetzten. Im Jahr 1984 konstituierte sich die erste dauerhafte Elterninitiative mit dem Ziel, deren Gründung konsequent voranzutreiben. Seit dem Jahr 1986 beschäftigt sich auch die Europa-Union Berlin e.V. mit diesem Thema und richtete speziell hierfür die Arbeitsgemeinschaft „Internationale Schule für Europa" (AG-ISFE) ein, um die Initiativen in der Stadt zu bündeln.

Die Einrichtung einer Internationalen Schule für Europa (ISFE) sollte die kulturelle Vielfalt Europas zum Ausdruck bringen. Daneben verfolgte die AG-ISFE das Ziel, neue Formen übernationaler Pädagogik entwickeln und den mehrsprachigen Unterricht auf allen Schulstufen verbessern zu können. Erste Realisierungskonzepte wurden der Berliner Senatsverwaltung im Jahr 1987 vorgelegt. Allerdings sah man für die Einrichtung einer Europäischen Schule wegen des Besatzungsstatuts Berlins zum damaligen Zeitpunkt keinen Bedarf.

Nach der Wiedervereinigung beider Deutscher Staaten im Jahr 1990 wurde die ISFE-Initiative erneut aufgegriffen. Im November 1991 wurde die Gründung der SESB vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen. Die Gründung war zunächst eine Antwort auf die historische Situation Berlins. Nach Abzug der Alliierten sollte sie dazu beitragen, das befürchtete sprachliche Vakuum an den Berliner Schulen zu füllen. Außerdem wollte man bildungspolitische Impulse in Richtung eines vereinten Europas geben. In diesem Zusammenhang sprach der Senat von einem „sprachintensiven Schultyp für sprachbegabte Kinder“. Die AG-ISFE hingegen setzte sich für eine „Schule mit Begegnungscharakter“ ein. Ihr war es wichtig, dass Sprachen im Rahmen dieser neuen Schulform als Kommunikations- und nicht als Selektionsmittel verstanden werden.
Seit der Gründung der SESB ist die AG-ISFE an der Weiterentwicklung dieser auf die Stadt Berlin begrenzten Schulform beteiligt. Eingerichtet wurden die ersten SESB-Standorte auf der Basis des Genehmigungsschreibens im Jahr 1992. Die Vorgaben des Genehmigungsschreibens waren die Einrichtung einer Begegnungsschule, in die zu gleichen Teilen Schüler aufgenommen werden sollten, deren Erstsprache Deutsch bzw. eine andere europäische Verkehrssprache ist. Begonnen wurde der Schulversuch mit deutsch-englisch, deutsch-französisch und deutsch-russisch sprachigen Kindern an jeweils zwei Schulstandorten.

In den folgenden Jahren kamen Standorte für die Sprachenkombinationen deutsch-spanisch (1994), deutsch-italienisch (1994), deutsch-türkisch (1995), deutsch-griechisch (1995), deutsch-portugiesisch (1997), deutsch-polnisch (1998) hinzu. Sie sind über das gesamte Berliner Stadtgebiet verteilt und bis auf drei Schulen an bestehende Standorte der Berliner Regelschule angegliedert.

Mit Freude stellen wir fest, dass der Schulversuch in ein Regelangebot der Berliner Schullandschaft überführt werden konnte, denn inzwischen gibt es die Europaschulen an achtzehn Grund- und neun Oberschulen, die von ca. 5.600 SchülerInnen besucht werden.

Uwe Otto
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